13.04.2015

Zwangsversteigerungsverfahren einer Wohnungseigentümergemeinschaft: Behandlung einer Auflassungsvormerkung; Rangfolge im Verhältnis zu Ansprüchen der Gemeinschaft (BGH, Beschluss vom 09.05.2014, Az.: V ZB 123/13)

Leitsatz:

1. Eine (Auflassungs-)Vormerkung ist im Zwangsversteigerungsverfahren wie ein Recht der Rangklasse 4 des § 10 Abs. 1 ZVG zu behandeln.

2. Ansprüche der Wohnungseigentümergemeinschaft, die die Zwangsversteigerung aus der Rangklasse 2 des § 10 Abs. 1 ZVG betreibt, sind gegenüber einer Auflassungsvormerkung stets vorrangig. Diese ist nicht im geringsten Gebot zu berücksichtigen und erlischt mit dem Zuschlag; erwirbt der Vormerkungsberechtigte nach der Beschlagnahme das Eigentum, ist das Verfahren fortzusetzen und nicht gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1 ZVG einzustellen.

Entscheidung:

Eine Wohnungseigentümergemeinschaft betrieb wegen titulierter Wohngeldansprüche die Zwangsvollstreckung in eine Teileigentumseinheit, zu deren Lasten eine Auflassungsvormerkung im Grundbuch eingetragen war. Vor dem Versteigerungstermin teilte der Auflassungsvormerkungsberechtigte mit, dass die Teileigentumseinheit auf ihn aufgelassen worden und die Eigentumsumschreibung beantragt, aber noch nicht erfolgt sei. Im Versteigerungstermin wurde die Auflassungsvormerkung nicht in das geringste Gebot aufgenommen und im Zuschlagsbeschluss an den meistbietenden Dritten nicht als bestehen bleibendes Recht aufgeführt. Mit seiner Rechtsbeschwerde zum BGH begehrte der Auflassungsvormerkungsberechtigte die Versagung des Zuschlags an den Meistbietenden.

Ohne Erfolg! Ein Zuschlagsversagungsgrund wegen einer Verletzung der Vorschriften über die Feststellung des geringsten Gebots liegt nach Auffassung des BGH nicht vor. Zwar sei im Ausgangspunkt eine Auflassungsvormerkung wie ein eingetragenes Recht zu behandeln; in das geringste Gebot sei sie aber nur dann aufzunehmen, wenn sie dem Anspruch des (bestrangig betreibenden) Gläubigers vorgehe. Dies aber sei hier nicht der Fall, da die Auflassungsvormerkung in die Rangklasse 4 des § 10 Abs. 1 ZVG einzuordnen und damit gegenüber den titulierten Wohngeldansprüchen der Rangklasse 2 nachrangig sei. Dem stehe auch § 883 Abs. 2 BGB, wonach eine nach Eintragung der Vormerkung getroffene Verfügung insoweit unwirksam ist, als sie den durch die Vormerkung gesicherten Anspruch vereiteln oder beeinträchtigen würde, nicht entgegen. Es werde nicht das Rangklassensystem des § 10 Abs. 1 ZVG durch § 883 Abs. 2 BGB durchbrochen, sondern im Gegenteil die Schutzwirkung der Vormerkung durch die Spezialregelungen des Zwangsversteigerungsgesetzes erheblich modifiziert und eingeschränkt.

Fazit:

Mit seinem Beschluss hat der BGH die bislang ungeklärte „Rangfrage“ entschieden, ob bzw. inwieweit sich eine Auflassungsvormerkung gegen eine spätere Beschlagnahme der Teileigentumseinheit zugunsten der Wohnungseigentümergemeinschaft durchsetzen kann. Im Ergebnis setzt sich danach das Vorrecht der Wohnungseigentümergemeinschaft, die die Zwangsversteigerung aus Rechten der Rangklasse 2 des § 10 Abs. 1 ZVG betreibt, gegenüber einer Auflassungsvormerkung stets durch. Beim Ankauf einer Eigentumswohnung sollte das hieraus für den Käufer resultierenden Risiko daher nach Möglichkeit dadurch reduziert werden, dass als (weitere) Kaufpreisfälligkeitsvoraussetzung die Einholung einer Bestätigung des WEG-Verwalters über das Fehlen von Hausgeldrückständen vereinbart wird. Noch mehr Sicherheit bietet ein Anderkonto, auf dem ein die Privilegierungsgrenze des § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG überschreitender Kaufpreisteil so lange hinterlegt wird, bis die Eigentumsumschreibung ohne weitere Eintragungen oder Vermerke erfolgt ist.

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