25.02.2009

Reform der Landesbauordnung Baden-Württemberg

Die Landesbauordnung ist seit der Novelle von 1995 weitgehend unverändert geblieben. Nunmehr liegt ein Gesetzesentwurf der Landesregierung vom 23.09.2008 zur Änderung der Landesbauordnung vor. Zusammengefasst sieht der Gesetzentwurf im Wesentlichen folgende Änderungen vor, die nach Ansicht der Landesregierung der Deregulierung und der Vereinfachung dienen:

- Vereinfachung des Abstandsflächenrechts durch den Wegfall des
  nicht nachbarschützenden Teils der Abstandsfläche (§ 5 Abs. 7 LBO).

- Übernahme des Brandschutzkonzepts der Musterbauordnung (§ 26 ff.).

- Entschlackung der Regelungen über Aufenthaltsräume, Wohnungen usw. in den
  §§ 34 ff. LBO.

- Vorsichtige Erweiterung des Katalogs der verfahrensfreien Vorhaben im
  Anhang zu § 50 Abs. 1 LBO.

- Einführung der Genehmigungspflicht für Solaranlagen im Außenbereich, die
  eine Höhe von mehr als 3 m und eine Gesamtlänge von mehr als 9 m aufweisen.

- Einführung eines vereinfachten Genehmigungsverfahrens (§ 52).

- Fakultative Nachbarbeteiligung mit materieller Präklusion (§ 55).

- Ersetzung eines offensichtlich rechtswidrig verweigerten Einvernehmens
  der Gemeinde nach § 36 Abs. 2 S. 3 BauGB (§ 54 Abs. 4).

- Verkürzung der Fristen im Baugenehmigungsverfahren (§ 54 Abs. 3 LBO).


Von den genannten Änderungen sollen folgende hervorgehoben werden:


Ersetzen des Einvernehmens

Wenn für die Erteilung einer Baugenehmigung etwa eine Befreiung vom Bebauungsplan notwendig ist oder wenn das Vorhaben im unbeplanten Innenbereich (§ 34 BauGB) liegt, so kann die Baugenehmigung nach § 36 Abs. 1 BauGB nur „im Einvernehmen mit der Gemeinde“ erteilt werden. Die Erteilung einer Baugenehmigung hängt in vielen Fällen von dem Einvernehmen der Gemeinde nach § 36 BauGB ab. Bisher bleibt dem Bauherrn praktisch nur der Weg, durch Klage beim Verwaltungsgericht die Erteilung der Baugenehmigung zu erreichen. Durch die vorgesehene Ersetzungsmöglichkeit durch die zuständige Genehmigungsbehörde kann der Bauherr früher zu einer ihm zustehenden Baugenehmigung kommen.

Fakultative Nachbarbeteiligung mit Präklusion

Über die derzeitige Anhörung der Angrenzer hinaus soll die Baurechtsbehörde zukünftig auch andere Nachbarn anhören können, deren geschützte Interessen von dem Bauvorhaben beeinträchtigt sein könnten. Sofern diese Nachbarn ihre Einwendungen nicht innerhalb von nunmehr 4 Wochen vorbringen, sollen sie – wie bisher bereits die Angrenzer – mit ihren Einwendungen ausgeschlossen – präkludiert – sein.

Die neue Regelung bedeutet aus Sicht des Bauherrn eine wichtige Option, die Rechts- und damit Investitionssicherheit des Bauvorhabens in einem frühen Stadium zu verbessern. Aus Sicht des Nachbarn, der kein Angrenzer ist, bedeutet die Neuregelung eine Einschränkung seiner Abwehrmöglichkeiten, da er nach Ablauf der Frist von nunmehr 4 Wochen mit der Präklusion nicht vorgebrachter Einwendungen konfrontiert ist. Dies kann aber hingenommen werden, da die Präklusionswirkung die ordnungsgemäße Beteiligung des Nachbarn voraussetzt. Es werden damit Nachbarn benachrichtigt und an dem Genehmigungsverfahren beteiligt, die ansonsten möglicherweise erst mit Baubeginn von einem Bauvorhaben Kenntnis erhalten hätten. Die Präklusion wird also durch die frühere Kenntnis und durch die Beteiligung am Verfahren kompensiert. Im Genehmigungsverfahren sind ggf. auch noch Gespräche zwischen Bauherrn und Nachbarn möglich, die nach Abschluss des Verfahrens aufgrund des Fortschreitens des Projektes faktisch ausgeschlossen wären.

In diesem Zusammenhang ist auch die Verlängerung der Frist von 2 auf 4 Wochen als sachgerecht zu begrüßen. Der beteiligte Nachbar muss innerhalb der Frist nicht nur entscheiden, ob er etwas unternimmt, sondern er muss ggf. auch anwaltlichen Rat suchen, ggf. weitere Berater, z. B. Architekten, hinzuziehen, Akteneinsicht nehmen und eine Stellungnahme formulieren. Gerade bei größeren Bauvorhaben, die erhebliche Auswirkungen haben können, kann der Zeitraum von bisher 2 Wochen sehr knapp sein.

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