13.04.2015

Novellierung der Landesbauordnung Baden-Württemberg

Der Landtag Baden-Württemberg hat am 05.11.2014 das Gesetz zur Änderung der Landesbauordnung beschlossen. Das Gesetz wird im Frühjahr 2015 in Kraft treten. Die Novelle enthält folgende wesentliche Änderungen:

a) Barrierefreiheit

Nach § 35 Abs. 1 S. 1 der Neufassung müssen in Wohngebäuden mit mehr als 2 Wohnungen die Wohnungen eines Geschosses barrierefrei erreichbar sein. Bislang bestanden die Anforderungen nur bei Gebäuden mit mehr als 4 Wohnungen. Durch die Absenkung der Schwelle soll mehr barrierefreier Wohnraum entstehen. Nach § 35 Abs. 1 S. 2 der Neufassung müssen in diesen barrierefrei erreichbaren Wohnungen eines Geschosses die Wohn- und Schlafräume, eine Toilette, ein Bad und die Küche oder Kochnische barrierefrei nutzbar und mit dem Rollstuhl zugänglich sein. Mit der barrierefreien Nutzbarkeit soll ein Standard vorgeschrieben werden, der der DIN 18040-2 (barrierefreies Bauen – Wohnungen) mit Ausnahme der dortigen Anforderungen nach der Rubrik „R“ (uneingeschränkt mit dem Rollstuhl nutzbar) für barrierefrei nutzbare Wohnungen entspricht.

b) Optimierung der Pflicht zur Schaffung von Abstellflächen für Kinderwagen und Gehhilfen und Ausweitung der Pflicht auf gemischt genutzte Gebäude.

Künftig müssen diese Abstellflächen nicht nur in Wohngebäuden, sondern auch in gemischt genutzten Gebäuden geschaffen werden. Dies betrifft etwa Häuser mit Wohnungen und z. B. Ladengeschäften. Die bisherigen Abstellflächen für Fahrräder werden künftig von den Fahrradstellplätzen, die in § 35 Abs. 4 S. 1 der Neufassung vorgeschrieben werden, mit umfasst werden.

c) Umwandlung von Kfz-Stellplätzen in Fahrradstellplätze

Bis zu einem Viertel der vorgeschriebenen Kfz-Stellplätze wird künftig durch Fahrradstellplätze ersetzt werden können. Dabei werden für einen Kfz-Stellplatz 4 Fahrradstellplätze herzustellen sein.

d) Verpflichtung zur Anlage von Fahrradstellplätzen

Nach § 37 Abs. 2 der Neufassung wird künftig eine allgemeine Verpflichtung zur Schaffung von Fahrradstellplätzen bestehen. Künftig müssen für jede Wohnung 2 geeignete wettergeschützte Fahrradstellplätze hergestellt werden.

e) Anreize für Carsharing-Stellplätze

Als Verwendungsoption für die Einnahmen aus der Ablösung von Kfz-Stellplätzen wird künftig die Herstellung von Parkeinrichtungen für die gemeinschaftliche Nutzung von Kraftfahrzeugen ausdrücklich genannt werden, um die Mittelverwendung für diesen Zweck zu fördern.

f) Kommunales Satzungsrecht hinsichtlich Anzahl der Kfz-Stellplätze

Gemeinden werden künftig ermächtigt sein, durch örtliche Bauvorschrift auch weniger als den nach § 37 LBO vorgeschriebenen einen notwendigen privaten Kfz-Stellplatz pro Wohnung festzulegen, um den Individualverkehr zu beschränken. Derartige Regelungen sind bereits aus anderen Bundesländern bekannt (vgl. etwa die Stellplatzeinschränkungssatzung in Frankfurt am Main).

g) Erweiterung der Verfahrensfreiheit von Solaranlagen auf Gebäuden.

Solaranlagen auf oder an Gebäuden werden künftig umfassend verfahrensfrei gestellt. Damit soll vor allem die gewerbliche Nutzung von Dachflächen durch andere Personen als die Hauseigentümer zur Erzeugung von Solarenergie verfahrensfrei möglich sein. Diese war bislang als gewerbliche Nutzung anzusehen, weshalb die Nutzungsänderung zugelassen werden musste.

h) Ausweitung der Abweichungsmöglichkeiten zur erleichterten Nutzungen regenerativer Energien.

Es wird künftig ein Rechtsanspruch auf Zulassung von Abweichungen von bauordnungsrechtlichen Vorgaben zur Nutzung erneuerbarer Energien bestehen. Damit soll die Errichtung von Solar- oder Kleinwindenergieanlagen erleichtert werden.

i) Beschränkung von Regelungen in kommunalen Gestaltungssatzungen, die Vorhaben zur Nutzung regenerativer Energien entgegen stehen.

Die Gemeinden dürfen künftig in Gestaltungssatzungen keine Vorgaben treffen, die der Nutzung regenerativer Energien entgegenstehen.

j) Erweiterung der Verwendung von Holz

Künftig wird zugelassen werden, dass Decken sowie tragende, aussteifende oder raumabschließende Wände und Stützen, die als hochfeuerhemmende Bauteile (F60) oder als feuerbeständige Bauteile (F90) ausgeführt werden müssen, aus brennbaren Baustoffen ohne Brandschutzbekleidung bestehen dürfen. Dadurch soll auch bei Gebäuden über 7 m Höhe der Massivholzbau ermöglicht werden.

k) Begrünung baulicher Anlagen

Ist eine Begrünung von Grundstücken nicht oder nur sehr eingeschränkt möglich, werden bauliche Anlagen künftig zu begrünen sein.

Diese Neuregelung hat die Frage aufgeworfen, wie dies bei mehrstöckigen Gebäuden realisiert werden soll, und hat in der Presse zur Spott-Bezeichnung „Efeu-Novelle“ geführt.

l) Einschränkung des Kenntnisgabeverfahrens

Das Kenntnisgabeverfahren soll künftig nicht mehr möglich sein, wenn Entscheidungen über Abweichungen, Ausnahmen und Befreiungen erforderlich sind. Die Möglichkeit von isolierten Entscheidungen soll entfallen.

m) Einbindung der Bevölkerung bei Mobilfunkanlagen

Der Betreiber einer Mobilfunkanlage wird künftig die Errichtung baurechtlich verfahrensfreier Mobilfunkantennen mindestens 8 Wochen vorher bei der Gemeinde anzeigen müssen.

n) Abstandsflächenrecht

Es wird eine Vereinfachung der Giebelhöhenanrechnung im Rahmen der Abstandsflächenberechnung eingeführt.

o) Anzeigepflicht für Grundstücksteilungen

Die geplante Teilung eines Grundstücks muss künftig zwei Wochen vorher der Unteren Baurechtsbehörde angezeigt werden, damit diese rechtzeitig Maßnahmen ergreifen kann, falls durch die Teilung bauordnungswidrige Verhältnisse entstehen.

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