02.05.2017
Mietrecht: Bestimmte Regelungen eines Mietvertrags gehen nicht nach § 566 Abs. 1 BGB auf den Käufer über
Mieter wiegen sich mit den Bestimmungen ihres Mietvertrags meist in Sicherheit: Sie gehen davon aus, dass der Erwerber des Mietgegenstandes in sämtliche Verpflichtungen des Veräußerers treten würde, die sich aus einer formgerecht abgeschlossenen Mietvertragsurkunde und formgerecht abgeschlossenen Nachträgen hierzu ergeben.
Der Bundesgerichtshof hat jüngst wieder erklärt, dass dies nicht der Fall ist (U. v. 12.10.2016, XII ZR 9/15). Nach dieser Rechtsprechung gehen auf den neuen Mieter nur diejenigen Bestimmungen über, die auch materiell dem Mietrecht zuzuordnen sind.
Regelungen in Mietverträgen, die materiell anderen Rechtsgebieten zuzuordnen sind, gehen nicht nach § 566 Abs. 1 BGB auf den Erwerber kraft Gesetzes über. Sie gehen auch dann nicht über, wenn die Parteien die konkrete Regelung in einen untrennbaren Zusammenhang mit den Regelungen des Mietrechts setzen wollten. Im konkreten Fall war zwischen den ursprünglichen Parteien eines Mietvertrags ein Ankaufsrecht hinsichtlich des Mietgegenstandes zu Gunsten des Mieters vereinbart worden. Dieses Ankaufsrecht wurde grundbuchrechtlich jedoch nicht abgesichert. Nach mehrfacher Veräußerung des Mietgegenstandes gab es Meinungsverschiedenheiten darüber, ob der Erwerber des Mietgegenstandes dem Mieter das Ankaufsrecht zu gewähren habe.
Die hier skizzierte Rechtsprechung kann die Erwartungen von Mietvertragsparteien im Hinblick auf das zukünftige Interessengleichgewicht enttäuschen. Die Regelungen eines Mietvertrages werden unabhängig davon, ob sie materiell dem Mietrecht zuzuordnen sind oder nicht, als Gesamtergebnis eines Interessenausgleichs abgeschlossen. So kann es beispielsweise sein, dass die Parteien eines Mietverhältnisses eine vergleichsweise niedrige Miete vereinbart haben, dafür aber ein Ankaufsrecht des Mieters vereinbart haben. Bindet die Vereinbarung über die Miethöhe den Erwerber, die Vereinbarung über das Ankaufsrecht aber nicht, kann das bei Vertragsabschluss hergestellte Interessengleichgewicht aus den Fugen geraten, wenn der Mietgegenstand veräußert wird.
Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zieht sich demgegenüber auf formale Kriterien zurück, kann aber im Einzelfall zu erheblicher Rechtsunsicherheit führen: Es ist Zweifel nicht leicht zu entscheiden, ob eine Regelung materiell dem Mietrecht zuzuordnen ist: der BGH will nicht einmal alle solche Regeln dem Mietrecht zuordnen, die sich nicht selten in Mietverträgen vorkommen. Eine Regelung im Mietvertrag über die Mietsicherheit würde man üblicherweise dem Mietrecht zuordnen – der BGH (U. v. 24.03.1999, XII ZR 124/97) sieht die Pflicht des Vermieters zur Gebrauchsüberlassung des Mietgegenstandes und dessen Erhaltung im vertragsgemäßen Zustand nicht berührt und will diese Regelung daher nicht auf den Erwerber übergehen lassen.
Angesichts dieser Rechtsprechung mag dahinstehen, ob der Erwerber eines Mietgegenstandes nicht ausreichend durch das Schriftformerfordernis geschützt ist. Immerhin sollen ihm hierdurch alle von ihm bei Erwerb zu übernehmenden Vermieterpflichten klar vor Augen geführt werden. Da der BGH nunmehr den Kreis der nach § 566 Abs. 1 BGB übergehenden Rechte eng gezogen hat, ist im Rahmen einer Due Diligence genau zu prüfen, welche Regelungen eines Mietvertrags in diesen engen Kreis fallen und welche nicht. In der bisherigen Rechtsprechung des BGH sind folgende Regelungen als mietrechtlich qualifiziert und daher als von § 566 Abs. 1 BGB erfasst angesehen worden:
- Übernahme der Schönheitsreparaturen durch den Vermieter
- Anspruch des Veräußerers auf Leistung der Kaution
- Schiedsvereinbarung
- Übernahme des Inventars durch den Verpächter
Folgende Regelungen werden nach der Rechtsprechung des BGH nicht dem Mietrecht zugeordnet und gehen daher nicht
nach § 566 Abs. 1 BGB auf den Erwerber über:
- Rückgabe der vom Mieter geleisteten Sicherheit
- Einräumung eines dinglichen Dauerwohnrechts
- Belegungsrecht zugunsten des Arbeitgebers eines Mieters
- Unentgeltliche Überlassung des Mietgegenstandes nach Eigenkapitalersatzregeln.
Bei der Gestaltung von Mietverträgen, insbesondere im Rahmen von Projektentwicklungen sind für den Mieter Mechanismen vorzusehen, die den Mieter bei einem Erwerberwechsel ausreichend schützen.
Es gibt vielfältige Mechanismen hierfür.