26.03.2014

Miet- und WEG-Recht: Kein dingliches Recht der WEG aus § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG

Leitsatz:

Das in § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG enthaltene Vorrecht begründet kein dingliches Recht der Wohnungseigentümergemeinschaft (BGH, Urteil vom 13.09.2013, V ZR 209/12).

Entscheidung:

Der BGH hat – entgegen der bislang wohl herrschenden Auffassung – entschieden, dass § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG einer Wohnungseigentümergemeinschaft gegen den einzelnen Wohnungseigentümer kein (eigenes) dingliches Recht auf Duldung der Zwangsvollstreckung in das Wohnungseigentum wegen rückständiger Hausgeldansprüche verleiht.

Eine Wohnungseigentümergemeinschaft hatte versucht, den Erwerber einer Eigentumswohnung auf Duldung der Zwangsvollstreckung in das Wohnungseigentum wegen rückständiger Hausgeldzahlungen des Voreigentümers in Anspruch zu nehmen. Über das Vermögen des Voreigentümers war das Insolvenzverfahren eröffnet worden, im Rahmen dessen der Erwerber das Wohnungseigentum vom Insolvenzverwalter gekauft hatte. Die Gemeinschaft hatte gegen den insolventen Voreigentümer wegen der Rückstände keinen Duldungstitel.

Der BGH gelangt ausgehend vom Wortlaut und der systematischen Stellung der Vorschrift unter Berücksichtigung der Gesetzgebungsgeschichte und Einbeziehung der teleologischen Auslegung (Sinn und Zweck der Vorschrift) zu der Auffassung, dass § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG keine dingliche Haftung des Wohnungseigentums für Haus-geldrückstände begründet. § 10 ZVG sei eine verfahrensrechtliche Norm, die eine dingliche Haftung voraussetze, selbst aber keine dinglichen Rechte begründe. § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG enthalte lediglich eine Privilegierung schuldrechtlicher Ansprüche einer WEG an dem Veräußerungserlös in einem Zwangsversteigerungsverfahren und in Verbindung mit § 49 Insolvenzordnung auch in einem Insolvenzverfahren. Dementsprechend habe eine Wohnungseigentümergemeinschaft allenfalls ein bevorrechtigtes Absonderungsrecht gegenüber dem Insolvenzverwalter.

Nach alledem hat die WEG keinen Rechtsanspruch gegen den Erwerber der Wohnung wegen rückständiger Wohngeldansprüche des Vorbesitzers. Sie kann allenfalls ihre Ansprüche im Insolvenzverfahren des Vorbesitzers gegen den Insolvenzverwalter geltend machen und genießt hier ein Aussonderungsrecht.

Ausdrücklich klargestellt hat der BGH nochmals, dass ein Erwerber von Wohnungseigentum auch schuldrechtlich nicht für Haus-geldrückstände des Voreigentümers haftet.

Fazit:

Die Entscheidung überzeugt, auch wenn Wohnungseigentümergemeinschaften im Falle säumiger bzw. insolventer Wohnungseigentümer der Rückgriff auf Neubesitzer erschwert bzw. unmöglich gemacht wird. Die Eigentümergemeinschaften sind daher gehalten, ihre Ansprüche rechtzeitig gegenüber dem jeweiligen Schuldner geltend zu machen. In diesem Verhältnis genießen die Ansprüche insgesamt einen bevorrechtigten Status.

 

Dr. Holger Trenkelbach

Rechtsanwalt

zurück