16.10.2015

Dauerhafte Entfernung eines Notars aus seinem Amt wegen fehlerhafter Beurkundung von Maklercourtageklauseln und Nichtbeitreibung seiner Honorarforderungen (BVerfG, Beschluss vom 09.04.2015, Az.: 1 BvR 574/15)

Leitsatz:

1. Für die Tätigkeit als Notar ist die strikte Beachtung der Unparteilichkeit und Unabhängigkeit im Interesse der Rechtsuchenden wie im Interesse einer funktionierenden vorsorgenden Rechtspflege schlechterdings unverzichtbar. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit schließt es daher nicht aus, dass massive, namentlich wiederholte und andauernde schuldhafte Verstöße gegen diese grundlegenden Amtspflichten einem weiteren Verbleib im Notaramt entgegenstehen.

2. Durch die Verpflichtung zur Erhebung der gesetzlich vorgeschriebenen Gebühren soll namentlich verhindert werden, dass es zu einem Verdrängungswettbewerb unter den Notaren kommt. Die Vorschrift bezweckt somit die Sicherung einer funktionsfähigen Rechtspflege, indem leistungsfähige Notariate und die Versorgung der Bevölkerung mit notariellen Dienstleistungen gesichert werden sollen. Sie dient damit einem wichtigen Gemeinwohlbelang (Bestätigung der Rechtsprechung zu § 17 BNotO, vgl. BVerfG, Beschluss vom 01.12.2010, Az.: 1 BvR 1747/10).

Entscheidung:

Der Beschwerdeführer war über mehrere Jahre als Notar im Bereich von Immobilienverkäufen tätig. Dabei verwendete er mehrfach eine Maklerklausel, die von der Dienstaufsichtsbehörde beanstandet wurde. Sie sei als Schuldanerkenntnis des Erwerbers gegenüber dem Makler zu verstehen. Zudem sei die gehäufte Verwendung der Klausel ein Indiz dafür, dass diese nicht den Interessen der Beteiligten entsprochen habe oder sie jedenfalls nicht über deren Bedeutung und Tragweite belehrt worden seien.

Der Notar verwendete daraufhin die Klausel mit folgendem Zusatz weiter: “…auf die Bedeutung dieser Klausel … und insbesondere darauf, dass hierdurch kein Vertrag zu Gunsten Dritter begründet wird, wurde hingewiesen.“ Insgesamt verwendete der Notar die Klausel in dieser Gestalt in 442 Fällen, ohne über deren tatsächliche Bedeutung zu belehren.

Weiterhin wurde gegen ihn ein Disziplinarverfahren wegen Nichtbeitreibung von Gebühren eingeleitet.

Entscheidung:

Auf eine Disziplinarklage hin wurde der Notar mit Urteil des OLG Köln dauerhaft aus seinem Amt entfernt. Die hiergegen erhobene Berufung hat der BGH zurückgewiesen.

Gegen das Urteil des BGH hat der Beschwerdeführer Verfassungsbeschwerde zum BVerfG erhoben und die Verletzung seiner Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG gerügt.

Das BVerfG hat die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen. Der Notar habe seine Dienstpflichten aus § 17 BeurkG verletzt und sei den Interessen von Mandanten aus der Immobilienbranche (insbesondere Bauträger) entgegengekommen, um sich unberechtigte Wettbewerbsvorteile zu verschaffen.

Bei der Verwendung der Courtageklauseln habe der Notar die Beteiligten nicht über deren Bedeutung und Tragweite aufgeklärt. Daran ändere sich auch nichts durch den nachträglichen Zusatz. Durch diesen habe der Notar lediglich erklärt, auf die Bedeutung der Klausel hingewiesen zu haben. Jedoch habe er die Erklärung weiterhin als Schuldanerkenntnis behandelt und auch als solche abgerechnet. Hierdurch werde ein Makler dazu verleitet, den Notar mit Beurkundungen zu beauftragen.

Die Nichtbeitreibung seiner Honorarforderungen stelle zudem einen Verstoß gegen § 17 BNotO dar und sei daher taugliche Grundlage für Disziplinarmaßnahmen.

Die dauerhafte Entfernung des Notars aus dem Amt sei schließlich auch verhältnismäßig angesichts seines schwerwiegend dienstpflichtwidrigen, auf einseitige Rücksichtnahme von Beteiligten aus dem Immobilienbereich gerichteten Verhaltens. Für die Tätigkeit als Notar sei die strikte Beachtung der Unparteilichkeit und Unabhängigkeit im Interesse der Rechtsuchenden wie im Interesse einer funktionierenden vorsorgenden Rechtspflege schlechterdings unverzichtbar. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit schließe es daher nicht aus, dass massive, namentlich wiederholte und andauernde schuldhafte Verstöße gegen diese grundlegenden Amtspflichten einem weiteren Verbleib im Amt entgegenstünden.

Fazit:

Maklercourtageklauseln sind in der Praxis weit verbreitet. Die Entscheidung des BVerfG zeigt, dass ein sorgfältiger Umgang mit diesen Klauseln für Notare unerlässlich ist.

Klargestellt wird durch die Entscheidung zudem die Pflicht der Notare, ihre Gebühren ordnungsgemäß beizutreiben und abzurechnen. Die Aushandlung eines individuellen Preises ist daher nicht möglich.

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