28.07.2016

AGB-Recht: Bindefrist von über drei Monaten ist unangemessen lang (BGH, Urteil vom 26.02.2016, Az.: V ZR 208/14)

Leitsatz:

1. Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, nach denen der den Abschluss eines Bauträgervertrages Antragende an sein Angebot länger als drei Monate gebunden ist, sind auch dann mit § 308 Nr. BGB unvereinbar, wenn dem Antragenden ein (inhaltlich beschränktes) Lösungsrecht eingeräumt wird.

2. In Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist eine Klausel unwirksam, wonach das Angebot zum Abschluss eines Bauträgervertrages durch die Erklärung des Antragenden aufschiebend bedingt ist, dass die Finanzierung gesichert ist.

3. Ein Bauträgervertrag, in dem der Verbraucher zur Umsatzsteuer optiert, um eine Umsatzsteuerrückvergütung zu erlangen, ist kein Verbrauchervertrag gemäß § 310 Abs. 3 BGB, sondern ein Unternehmervertrag gemäß § 310 Abs. 1 BGB. In einer solchen Fallgestaltung sind hohe Anforderungen an die Erschütterung der Indizwirkung eines Verstoßes gegen § 308 Nr. 1 BGB zu stellen.

Sachverhalt:

Ein Bauträgervertrag über eine Doppelhaushälfte sollte geschlossen werden. Der Käufer gab hierfür ein - vom Verkäufer vorformuliertes - notarielles Angebot zu folgenden Bedingungen ab:

"An dieses Angebot hält sich der Käufer unwiderruflich bis zum Ablauf von drei Monaten, gerechnet ab heute, gebunden. Nach Ablauf der Frist erlöschen sämtliche Rechte aus diesem Angebot, wenn es dem Verkäufer gegenüber widerrufen wird.

[…]

Das Angebot kann vom Veräußerer erst angenommen werden, wenn der Käufer dem Verkäufer schriftlich mitteilt, dass die Finanzierung zu für ihn akzeptablen Bedingungen gesichert ist. Der Käufer verpflichtet sich, sich innerhalb von zwei Monaten ab heute hinsichtlich seiner Finanzierung zu erklären.

Nachdem die Finanzierung des Käufers gesichert war, erklärte der Verkäufer die Annahme sechs Wochen nach Abgabe des Angebots.

Mit seiner Klage begehrte der Käufer die Rückabwicklung des Bauträgervertrags, da dieser nicht wirksam zu Stande gekommen sei.

Entscheidung:

Zu Recht, wie der BGH entschied!

Der Bauträgervertrag sei nicht wirksam zustande gekommen, weil der Verkäufer das Angebot des Käufers nicht rechtzeitig angenommen hat. Nach der gesetzlichen Regelung des § 147 Abs. 2 BGB könne ein Angebot unter Abwesenden nur bis zu dem Zeitpunkt angenommen werden, in welchem der Antragende den Eingang einer Antwort regelmäßig erwarten dürfe. Dieser Zeitraum betrage bei einem Bauträgervertrag vier Wochen ab Abgabe des Angebots, so dass hier die Annahmeerklärung des des Verkäufers sechs Wochen nach Abgabe des Angebotes verspätet gewesen sei. 

Hieran ändere auch die im Angebot vorgesehene Bindefrist von drei Monaten nichts, da diese Klausel als Allgemeine Geschäftsbedingung gemäß § 308 Nr. 1 BGB unwirksam sei. Die vorgesehene Bindefrist von drei Monaten sei gegenüber der gesetzlichen Frist von vier Wochen zu lang. Rechtfertigende Gründe für die lange Bindungsfrist seien nicht gegeben.

Das gelte im Übrigen auch dann, wenn die Klausel dahin ausgelegt werde, dass der Käufer sein Angebot unter die aufschiebende Bedingung der Mitteilung über die gesicherte Finanzierung gestellt habe. Auch mit einem solchen Inhalt hielte die Klausel einer Kontrolle am Maßstab des § 308 Abs. 1 BGB nicht stand. Wer einem anderen ein aufschiebend bedingtes Angebot mache, befinde sich bis zum Eintritt der Bedingung nicht in der Lage eines Interessenten, der dem Verkäufer noch gar kein Angebot gemacht habe. Sein Angebot binde ihn vielmehr schon vor dem Wirksamwerden. Er müsse nämlich mit dem Eintritt der Bedingung rechnen und könne von seinem Angebot nicht ohne Weiteres Abstand nehmen. Wenn der Eintritt der Bedingung - wie hier - von seinem Verhalten abhänge, müsse er sich darüber hinaus um ihren Eintritt bemühen. Er könne nicht untätig bleiben, weil ein solches Verhalten als treuwidrige Verhinderung des Bedingungseintritts zu werten sei und nach § 162 Abs. 1 BGB dazu führen könne, dass die Bedingung als eingetreten gelte, und das unter Umständen zu einem Zeitpunkt, in dem er es nicht (mehr) erwarte. Er müsste schließlich selbst dann mit dem Eintritt der Bedingung rechnen, wenn es ihm nicht gelungen sei, eine Finanzierung zu erhalten und ihm der Verkäufer auf eine entsprechende Mitteilung hin selbst eine Finanzierung verschaffe. Im Ergebnis sei der Antragende damit über die Annahmefrist hinaus in einem Zeitraum gebunden, der die Annahmefrist wesentlich überschreite und den er nur begrenzt beherrschen könne.

Fazit:

Der BGH hat seine mittlerweile gefestigte Rechtsprechung bestätigt, wonach eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen vorformulierte Annahmefrist von über vier Wochen regelmäßig unwirksam ist, da sie den in der Regel Vertragspartner unangemessen benachteiligt. Dies ist nur dann nicht der Fall, wenn der Verwender der Allgemeinen Geschäftsbedingungen hierfür ein schutzwürdiges Interesse geltend machen kann, hinter welchem das Interesse des Vertragspartners an dem baldigen Wegfall seiner Bindung zurücktreten muss, woran allerdings hohe Anforderungen gestellt werden. Vorliegend hätte der Verkäufer den von ihm gewollten „Schwebezustand" dadurch erreichen können, sich bei Abschluss des Bauträgervertrags offen durch einen vollmachtlosen Vertreter vertreten zu lassen, so dass die Wirksamkeit des Vertrags von der Genehmigung des Verkäufers abhängig gewesen wäre (§ 177 Abs. 1 BGB), ohne dass der Käufer sein Angebot hätte widerrufen können (§ 178 BGB). Allerdings kann in einer solchen Konstellation der Käufer den Verkäufer zur Erklärung über die Genehmigung auffordern. Wird die Genehmigung dann nicht innerhalb von zwei Wochen erklärt, so gilt sie als verweigert (§ 177 Abs. 2 BGB).

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