17.04.2019

Erfordernis/Beurkundungspflicht eines Gesellschafterbeschlusses

§ 179a AktG ist nicht auf die GmbH anwendbar

 

Gemäß § 179a AktG bedarf ein schuldrechtlicher Vertrag, durch den sich eine AG zur Übertragung ihres ganzen Gesellschaftsvermögens verpflichtet, zu seiner Wirksamkeit eines beurkundungspflichtigen Beschlusses der Hauptversammlung mit satzungsändernder Mehrheit. Ohne einen solchen Beschluss droht die Rückabwicklung des Vertrages. Dies gilt bei einem Grundstückskaufvertrag selbst dann, wenn der Erwerber bereits als Eigentümer im Grundbuch eingetragen ist.

 

Die (bislang) herrschende Meinung in Literatur und Rechtsprechung wendet § 179a AktG analog auf die GmbH an mit der Folge, dass auch in der GmbH ein entsprechender Gesellschafterbeschluss zu beurkunden ist, was wiederum gesonderte Notargebühren von bis zu ca. € 16.000,- auslöst. Zwar soll dies nach einer Mindermeinung nicht bei reinen Projektgesellschaft gelten, deren Unternehmensgegenstand von vorneherein auf die Veräußerung des (ggf. umgestalteten oder aufgewerteten) Vermögens gerichtet ist. Die herrschende Meinung folgt dieser Differenzierung allerdings nicht.

 

Mit Urteil vom 08.01.2019 (II ZR 364/18) hat der 2. Zivilsenat des BGH nun entschieden, dass § 179a AktG auf die GmbH nicht analog anwendbar ist. Was sich nach einem Paukenschlag anhört, entpuppt sich bei näherer Betrachtung der Entscheidungsgründe weitestgehend als Fortführung der bisherigen Handhabung mit anderer rechtlicher Begründung. Die wünschenswerte Rechtssicherheit bietet das Urteil des BGH jedenfalls nicht.

 

Der BGH begründet seine Entscheidung damit, dass es an der für eine Analogie erforderlichen planwidrigen Regelungslücke fehle. Im Gegensatz zur AG sei bei einer GmbH die gesellschaftsinterne Kontrolle der Geschäftsführung bei Gesamtvermögensgeschäften auch ohne entsprechende Anwendung des § 179a AktG bereits dadurch verwirklicht, dass die Verpflichtung zur Übertragung des ganzen Gesellschaftsvermögens einer GmbH ein besonders bedeutsames Geschäft darstelle, zu dessen Vornahme der Geschäftsführer einen zustimmenden Beschluss der Gesellschafterversammlung herbeiführen müsse, selbst wenn der Gesellschaftsvertrag einen entsprechenden Zustimmungsvorbehalt nicht enthält.

 

Der entscheidende Unterschied liegt nun darin, dass im (analogen) Anwendungsbereich des § 179a AktG nicht gefasster oder formnichtiger Gesellschafterbeschluss unmittelbar auf die Wirksamkeit des schuldrechtlichen Kaufvertrages durchschlägt. Dieser ist bis zur formgemäßen Zustimmung der Gesellschafterversammlung schwebend unwirksam nach § 177 BGB. Wird diese nicht erteilt, droht eine Rückabwicklung des Kaufvertrages nach Bereicherungsrecht. Selbst wenn der Eigentumswechsel bereits in das Grundbuch eingetragen sein sollte, träte in Ermangelung einer Anwendbarkeit von § 311b Abs. 1 Satz 2 BGB keine Heilung des unwirksamen Gesamtvermögensgeschäfts ein.

 

Außerhalb des Anwendungsbereichs des § 179a AktG gilt § 37 Abs. 2 GmbHG, der die grundsätzliche Unbeschränktheit und Unbeschränkbarkeit der Vertretungsbefugnis des Geschäftsführers einer GmbH im Außenverhältnis statuiert. Diese im Interesse des Rechtsverkehrs angeordnete grundsätzliche rechtliche Unbeachtlichkeit von Beschränkungen der Vertretungsbefugnis eines Geschäftsführers gegenüber dem Vertragspartner gilt aber dann nicht, wenn der Vertragspartner weiß oder es sich ihm geradezu aufdrängen muss, dass der Geschäftsführer seine Vertretungsmacht missbraucht. In einem solchen Fall ist das Vertrauen des Vertragspartners auf den Bestand des Rechtsgeschäfts nicht schutzwürdig, die vom Geschäftsführer abgegebene Willenserklärung unwirksam und der Vertragspartner kann aus dem formal durch die Vertretungsmacht des Geschäftsführers gedeckten Rechtsgeschäft keine vertraglichen Rechte herleiten. Dabei kann nach Ansicht des BGH den Vertragspartner auch eine Erkundigungsobliegenheit treffen und zwar insbesondere auch dann, wenn mit einer Immobilie nur ein einziger Vermögensgegenstand übertragen werden soll. In diesem Falle müsse einem verständigen Vertragspartner klar sein, dass der Geschäftsführer die GmbH nicht ohne Zustimmung der Gesellschafter unternehmenslos stellen könne.

 

Damit reduziert der BGH das Risiko einer Unwirksamkeit und etwaigen Rückabwicklung des schuldrechtlichen Vertrages faktisch auf die „Bösgläubigkeit“ des Vertragspartners. Beim Erwerb eines Grundstücks von einer Projektgesellschaft wird ein umsichtiger Käufer daher auch künftig die Vorlage eines beurkundeten Gesellschafterbeschlusses der Verkäufergesellschaft verlangen, um sich nicht dem Risiko eines unwirksamen und ggf. rückabzuwickelnden Vertrages auszusetzen. Inwieweit die hierdurch anfallenden gesonderten Notargebühren von bis zu ca. € 16.000,- durch entsprechende Vertragsgestaltung eingespart werden können, entzieht sich einer pauschalen Beurteilung und bedarf einer entsprechenden Beratung im Einzelfall.

 

 

 

Rechtsanwalt David Wöhler

zurück