16.10.2015

Unangemessene Benachteiligung & Klauselverbote: Gaslieferung WEG - keine Gaspreiserhöhung aufgrund ölpreisindexierter Preisgleitklausel (BGH, Urteil vom 25.03.2015, Az.: VIII ZR 109/14)

Leitsatz:

1. Eine ölpreisindexierte Preisgleitklausel in einem Verbrauchervertrag verstößt gegen § 307 Abs. 1 S. 1 BGB, soweit sie auch künftige Preisänderungen betrifft.

2. Eigentümergemeinschaften privat genutzter Wohneinheiten sind regelmäßig einem Verbraucher gleichzustellen, wenn ihnen wenigstens ein Verbraucher angehört und sie ein Rechtsgeschäft zu einem Zweck abschließen, der weder einer gewerblichen noch einer selbstständigen beruflichen Tätigkeit dient. Hiervon ist bei einem zur Deckung des eigenen Bedarfs abgeschlossenen formularmäßigen Energielieferungsvertrages regelmäßig auszugehen.

Sachverhalt:

Ein Energieversorgungsunternehmen versorgte eine aus den Eigentümern von 24 privat genutzten Wohneinheiten bestehende Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) auf der Basis eines Energielieferungsvertrages mit Erdgas. Der Vertrag enthielt unter anderem eine Änderungsklausel, nach der sich der Arbeitspreis für Gas entsprechend der Preisentwicklung für leichtes Heizöl ändern kann (ölpreisindexierte Preisgleitklausel). Unter Berufung auf diese Klausel kam es zu Preiserhöhungen durch das Energieversorgungsunternehmen, denen die WEG widersprach. Sie beglich die Abrechnungen daher nur auf der Grundlage des früheren Arbeits- und Jahresleistungspreises.

Entscheidung:

Mit seiner Klage begehrte das Energieversorgungsunternehmen die noch ausstehende Restzahlung unter Berufung auf die Preisgleitklausel. In erster Instanz wurde die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Unternehmens hin wurde der Klage stattgegeben.

Der BGH ist der Auffassung des Unternehmens nicht gefolgt und hat die Entscheidung der 1. Instanz bestätigt. Zur Begründung verweist der BGH darauf, dass die Preisgleitklausel nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB wegen unangemessener Benachteiligung unwirksam sei, soweit sie auch künftige Preisentwicklungen betreffe.

Bereits 2010 hat der BGH solche Spannungsklauseln, nach denen sich der Arbeitspreis für Gas entsprechend der Preisentwicklung für leichtes Heizöl ändert, wegen unangemessener Benachteiligung der Kunden für unwirksam erklärt (BGH, Urteil vom 24.03.2010, Az.: VIII ZR 178/08). Danach könne eine Spannungsklausel nur dann gegenüber Verbrauchern verwendet werden, wenn der geschuldete Preis mit dem jeweiligen Marktpreis übereinstimme. Eine solche Prognose, dass sich der Marktpreis für die geschuldete Leistung typischerweise ähnlich wie der Marktpreis für das Referenzgut entwickelt, scheitere aber bereits daran, dass ein - durch eine Spannungsklausel zu wahrender - Marktpreis für Gas damals nicht feststellbar war.

Dabei ging es jedoch nur um Verbraucher im Sinne des § 13 BGB, wie z.B. Mieter einer privaten Wohnung. Gegenüber Unternehmern seien solche Klauseln ohne weiteres zulässig.

Nun stellt der BGH in der vorliegenden Entscheidung eine WEG immer dann Verbrauchern gleich, wenn ihr wenigstens ein Verbraucher angehört und sie ein Rechtsgeschäft zu einem Zweck abschließt, der weder einer gewerblichen noch einer selbstständigen beruflichen Tätigkeit dient. Dies gelte auch dann, wenn für die WEG eine gewerbliche Hausverwaltung handele. Entscheidend sei, dass eine natürliche Person ihre Eigenschaft als Verbraucher nicht deshalb verliere, weil sie Teil einer WEG werde. Zudem ginge es beim Abschluss von Rechtsgeschäften mit Dritten regelmäßig um die private Vermögensverwaltung der WEG-Mitglieder.

Fazit:

Der BGH hat mit dieser Entscheidung die Unwirksamkeit von Spannungsklauseln auf Wohnungseigentümergemeinschaften ausgeweitet. Die Annahme der Verbrauchereigenschaft hat die Anwendung des strengeren Kontrollmaßstabs der §§ 305 ff. BGB auf die WEG (umfassende Inhaltskontrolle) zur Folge, was bei Verträgen mit einer WEG zu berücksichtigen ist.

 

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