16.10.2015

Gesetzentwurf zur Wohnimmobilienkreditrichtlinie

Das Bundeskabinett hat den Gesetzentwurf zur Wohnimmobilienkreditrichtlinie verabschiedet. Das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie soll am 21.03.2016 in Kraft treten.

1. Ziele

Mit dem Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie soll der Verbraucherschutz bei der Vergabe von Immobiliendarlehen gestärkt werden. Ziel des neuen Gesetzes ist es u.a., eine Beratungspflicht des Darlehensgebers für Fälle vorzusehen, in denen das Konto dauerhaft und erheblich überzogen wird. Zum anderen soll der sog. Honorarberater im Anwendungsbereich der Wohnimmobilienkreditrichtlinie eingeführt werden.

2. Auswirkungen auf das Darlehensvertragsrecht

Die Vorgaben der Richtlinie sollen vor allem im zivilrechtlichen Teil des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) umgesetzt werden. Daneben kommt es zu Änderungen bzw. Ergänzungen im Bereich des Einführungsgesetzes zum BGB (EGBGB), der Gewerbeordnung (GewO), der Preisangabenverordnung (PAngV), des Kreditwesengesetzes (KWG), der Institutsvergütungsverordnung (InstitutsVergV), des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes (ZAG) und des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG).

a) Verbraucherdarlehensvertrag als Oberbegriff

Der Verbraucherdarlehensvertrag soll künftig der Oberbegriff sein und sich in die Begriffe „Allgemein-Verbraucherdarlehensvertrag“ und „Immobiliar-Verbraucherdarlehensvertrag“ untergliedern.

b) Vorvertragliche Informationspflichten

Wesentliche Änderungen ergeben sich in Bezug auf vorvertragliche Informationspflichten.

Im Bereich von Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträgen sind Darlehensgeber künftig verpflichtet, zur Prüfung der Kreditwürdigkeit und zur Vorbereitung der vorvertraglichen Information Auskünfte von den potentiellen Darlehensnehmern einzuholen (§ 491a Abs. 1 BGB iVm. Art. 247 § 1 Abs. 1 EGBGB).

In zeitlicher Hinsicht muss die vorvertragliche Information in Zukunft unverzüglich nach Erhalt der erforderlichen Informationen erfolgen. Bislang genügte eine Information rechtzeitig vor dem Vertragsabschluss. Weiterhin bleibt für die vorvertragliche Information ein einheitliches Merkblatt verfügbar. Künftig ist allerdings das neue Europäische Standardisierte Merkblatt (ESIS-Merkblatt) zu verwenden, welches nach wie vor in Anlage 6 zu Art. 247 § 2 EGBGB zu finden ist.

c) Kreditwürdigkeitsprüfung

Banken müssen künftig die Kreditwürdigkeit von privaten Darlehensnehmern stärker prüfen.

In §§ 505a-505d BGB wird die Pflicht zur Kreditwürdigkeitsprüfung bei Allgemein- und Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträgen nunmehr auch zivilrechtlich ausgestaltet. Bislang erfolgte dies in aufsichtsrechtlicher Hinsicht, was dem Verständnis der Prüfungspflicht als Schutzpflicht gegenüber dem Verbraucher nicht ausreichend gerecht wurde.

Der Europäische Gerichtshof hat am 27.03.2014 entschieden, dass diese Pflicht zur Kreditwürdigkeitsprüfung zumindest auch bezweckt, den Verbraucher vor der Gefahr der Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit zu schützen (Az. C-565/12, Rz. 42 „Crédit Lyonnais“). Daher soll die Pflicht zur Kreditwürdigkeitsprüfung für alle Darlehensgeber unabhängig von der Frage gelten, ob diese auch aufsichtsrechtlich entsprechend verpflichtet sind.

Neuerdings soll zudem ein ausdrückliches Verbot, bei nicht gegebener Kreditwürdigkeit den Vertrag zu schließen, enthalten sein. Darüber hinaus wird für den Fall eines Verstoßes gegen die Pflichten in § 505d BGB ein differenziertes zivilrechtliches Sanktionssystem vorgesehen.

d) Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträge

In § 492a BGB wird es künftig eine Sonderregelung für Koppelungsgeschäfte bei Immobiliar-Verbraucherdarlehen (z.B. Kredit gegen Eröffnung eines Kontos) geben. Wegen der damit verbundenen Gefahren für Verbraucher werden Geschäfte, die ein Angebot auf Abschluss eines Kreditvertrages zusammen mit weiteren gesonderten Finanzprodukten oder Finanzdienstleistungen vorsehen, weitgehend verboten.

Es wird jedoch auch Ausnahmen von diesem grundsätzlichen Verbot geben für Fälle, die im Interesse der Verbraucher liegen (z.B. Bausparverträge).

Für Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträge in Fremdwährungen werden in § 503 BGB insbesondere Ansprüche des Darlehensnehmers auf Umwandlung des Darlehens in seine Landeswährung begründet. Damit werden die Darlehensnehmer vor erheblichen Währungsrisiken geschützt.

Eine wichtige Neuregelung betrifft auch den Bereich der Beratungsleistungen. Eine Beratung soll dem Verbraucher die Auswahl durch eine konkrete Empfehlung erleichtern. Der Darlehensgeber wird daher verpflichtet, über die in Art. 247 § 18 EGBGB genannten Einzelheiten umfassend zu informieren, bevor es zur Beratung kommt. Die Beratungsleistung selbst muss den Anforderungen des § 511 BGB genügen. Insbesondere hat sich der Darlehensgeber über den Bedarf, die persönliche und finanzielle Situation sowie die Präferenzen und Ziele des Darlehensnehmers zu informieren, bevor er Beratungsleistungen erbringt.

Im Ergebnis soll der Darlehensgeber eines oder mehrere geeignete Produkte empfehlen oder von den Produkten gänzlich abraten.

e) Beratung bei Dispositionskrediten

Neu ist auch die in § 504a BGB eingeführte Pflicht der Darlehensgeber zur Beratung der Darlehensnehmer bei dauerhafter und erheblicher Überziehung des Kontos. Sie sollen den Darlehensnehmer über kostengünstigere Alternativen zur eingeräumten Überziehungsmöglichkeit beraten. Dies soll entsprechend auch für geduldete Überziehungen gelten (§ 505 BGB).

Ferner werden sie verpflichtet, über die Höhe des für die Überziehungsmöglichkeit und die geduldete Überziehung berechneten Sollzinssatzes jedenfalls auch im Rahmen ihres Internetauftritts gut sichtbar zu informieren (§ 675a Abs. 4 BGB).

 

 

 

 

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