13.04.2015

Geltendmachung von Betriebskostennachzahlungen aus Wohnraummietverträgen im Urkundenprozess (BGH Urteil vom 22.10.2014, Az.: VIII ZR 41/14)

Leitsatz:

1. Ansprüche des Vermieters auf Betriebskostennachzahlungen aus Wohnraummietverträgen können im Urkundenprozess geltend gemacht werden.

2. Zu den Anforderungen an substantiiertes Bestreiten der vom Vermieter vorgetragenen Flächenangaben durch den Mieter.

Entscheidung:

Der BGH hat sich in der vorliegenden Entscheidung der ganz überwiegenden Meinung im Schrifttum angeschlossen, wonach Betriebskostennachforderungen durch den Vermieter gemäß § 592 S. 1 ZPO im Urkundenprozess geltend gemacht werden können.

Hauptargument des BGH ist der Wortlaut des § 592 ZPO. Dieser eröffne den Urkundenprozess unterschiedslos für alle Ansprüche, welche die Zahlung einer Geldsumme zum Gegenstand haben. Es bestehen nach dem BGH keine Gründe, den Wortlaut des § 592 ZPO dahingehend einzuschränken, dass solche Ansprüche generell vom Urkundenprozess ausgeschlossen wären.

Klarstellend wird vom BGH jedoch grundsätzlich festgehalten, dass dies nur statthaft ist, sofern der Vermieter die anspruchsbegründenden und beweisbedürftigen Tatsachen durch Urkunden belegen kann (unter Verweis auf § 592 S. 1, § 597 Abs. 2 ZPO.) Unstreitige, zugestandene oder offenkundige Tatsachen und Anspruchsvoraussetzungen bedürften auch im Urkundsverfahren -abgesehen vom Fall der Säumnis der beklagten Partei- keines Beweises und damit auch keiner Urkundenvorlage.

Im konkreten Fall hatte der Kläger den Mietvertrag, die Betriebskostenabrechnung und einen Zugangsnachweis vorgelegt, was vom BGH im vorliegenden Fall als ausreichend erachtet wurde. Von Beklagtenseite wurde nämlich lediglich in unsubstantiierter Weise die Richtigkeit der Gesamtwohnfläche und der Wohnfläche der Wohnung bestritten, im Übrigen aber keine Einwendungen erhoben. Damit konnten im Übrigen die der Betriebskostenabrechnung zugrunde liegende Tatsachen als unstreitig gelten.

Hinsichtlich der im Urkundenprozess gebotenen Urkundenvorlage bei Nachforderungen aus einer Betriebskostenabrechnung verweist der BGH auf Langenberg, Betriebskosten und Heizkostenrecht, 7. Auflage Rn. J85.

Fazit:

Der BGH hat durch diese Entscheidung Klarheit geschaffen. Dem Vermieter ist somit grundsätzlich die Möglichkeit einer schnellen Beschaffung eines Titels im Urkundenprozess gegeben – mit allen Folgen wie z. B. Schadensersatzverpflichtungen bei gegenteiliger Entscheidung im Nachverfahren gemäß § 600 Abs. 2 ZPO i. V. m. § 302 Abs. 4 S. 2-4 ZPO.

Nicht verkannt werden darf, dass im Einzelfall eine deutlich umfangreichere Vorlage von Urkunden bei substantiiertem Bestreiten des Mieters der Abrechnung erforderlich sein kann. Hätte der Mieter im vorliegenden Fall substantiiert zur Unrichtigkeit der sich aus den Urkunden ergebenden Flächengrößen z. B. durch Vermessung der eigenen Wohnung etc. vorgetragen, hätte der Vermieter hier weitere entsprechende Urkunden zum Beweis vorlegen müssen.

Im Einzelfall ist damit der Urkundenprozess eine mögliche interessante Alternative zur schnellen prozessualen Geltendmachung von Nebenkostennachforderungen.

Die Risiken einer Abweisung wegen Unstatthaftigkeit etc. sind angesichts der prozessualen Hinweispflichten des Gerichts, der Möglichkeit des jederzeit möglichen „Abstehens vom Urkundenprozess“ (§ 596 ZPO) und Übergang in das normale Verfahren, überschaubar.

 

zurück