06.09.2016

Das „Bestellerprinzip“ bei der Vermittlung von Wohnungen ist verfassungsgemäß

Um sozialen und wirtschaftlichen Ungleichgewichten entgegenzuwirken, durfte der Gesetzgeber aufgrund seiner Einschätzung der Nachfragesituation auf dem Mietwohnungsmarkt durch Einführung des Bestellerprinzips die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Freiheit der Wohnungsvermittler beschränken, von Wohnungssuchenden ein Entgelt für ihre Vermittlungstätigkeit zu erhalten (amtlicher Leitsatz).

 

BVerfG, Beschluss vom 29.06.2016, 1 BvR 1015/15

 

Der Bundesgesetzgeber hatte mit dem Mietrechtsnovellierungsgesetz vom 21.04.2015 das Bestellerprinzip bei der Wohnungsvermittlung und das Textformerfordernis für Vermittlungsverträge eingeführt:

 

§ 2 Abs. 1a WoVermRG lautet:

 

„Der Wohnungsvermittler darf vom Wohnungssuchenden für die Vermittlung oder den Nachweis der Gelegenheit zum Abschluss von Mietverträgen über Wohnräume kein Entgelt fordern, sich versprechen lassen oder annehmen, es sei denn, der Wohnungsvermittler holt ausschließlich wegen des Vermittlungsvertrags mit dem Wohnungssuchenden vom Vermieter oder von einem anderen Berechtigten den Auftrag ein, die Wohnung anzubieten (§ 6 Abs. 1).“

 

Immobilienmakler, die sich durch die Einführung des Bestellerprinzips in ihrer wirtschaftlichen Existenz bedroht sahen, hatten gegen die vorgenannte Regelung Verfassungsbeschwerde eingereicht. Diese hat das BVerfG mit Beschluss vom 29.06.2016 zurückgewiesen. Hierbei hat das BVerfG festgestellt, durch das neu eingeführte Bestellerprinzip würden keine Grundrechte, insbesondere nicht die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit, der Makler verletzt. Zwar sei der Schutzbereich der Berufsfreiheit betroffen. Die Beeinträchtigung der Berufsfreiheit sei jedoch verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Beschränkungen der Berufsfreiheit bedürften nach Art. 12 Abs. 1 S. 2 GG einer gesetzlichen Grundlage. Diese liege vor und verstoße auch in materieller Hinsicht nicht gegen den Schutz der Berufsfreiheit durch Art. 12 Abs. 1 GG. Die Berufsfreiheit dürfe nur begrenzt werden, um sozialen oder wirtschaftlichen Ungleichgewichten entgegenzuwirken. Für die Herstellung eines solchen Ausgleichs verfüge der Gesetzgeber über einen weiten Beurteilungs- und Gestaltungsspielraum. Die Einschätzung der für die Konfliktlage maßgeblichen ökonomischen und sozialen Rahmenbedingungen liege zunächst in seiner politischen Verantwortung, ebenso die Vorausschau auf die künftige Entwicklung und die Wirkungen seiner Regelung. Der Gesetzgeber habe insofern nachvollziehbar festgestellt, dass auf dem Mietwohnungsmarkt zu Lasten der Wohnungssuchenden soziale und wirtschaftliche Ungleichgewichte bestehen würden und habe eine Regelung getroffen, die einen angemessenen Ausgleich schaffen solle. Dieser Ausgleich sei durch das legitime Ziel des Verbraucherschutzes sozialstaatlich gerechtfertigt, um zu verhindern, dass die Wohnungssuchenden Kosten tragen müssten, die nicht von Ihnen veranlasst worden und vorrangig im Interesse des Vermieters entstanden seien. Die durch Einführung des Bestellerprinzips geschaffene Lösung sei zu diesem Zweck geeignet, erforderlich und angemessen.

 

Hinsichtlich des rechtspolitisch intensiv kommentierten und zum Teil umstrittenen Gesetzes hat das BVerfG hier vergleichsweise schnell Klarheit geschaffen.

 

 

 

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